Ich gebe auch mal mein Beitrag ab, vielleicht ist es ja interessant für den ein oder anderen...
So pauschal kann man sagen, dass der Turbo kein Verschleißteil ist. Okay schön und gut, aber in unkundigen Händen kann es schnell zu einem werden.
Die wichtigsten Faktoren, die über das Leben des Turbos entscheiden:
- Fahrweise
- Service
- eventuell noch Glück, für die Abergläubigen
Es gibt Leute, die haben bis 200.000 den zweiten oder gar dritten drin, andere mit 300.000 immer noch den ersten. Was besonders auffällt: Die Leute, die schon mal ein neuen Turbo brauchen, kommen bald wieder. 95% der Kunden fahren ihre Autos normal und da gibt es kaum Probleme mit den Ladern, nur der Rest haben verdächtig viel gemeinsam was die Fahrweise angeht. U.a. denken diese, dass sich ein Turbo-Diesel wie ein Ottomotor fahren lässt, diese haben nachher die meisten Problem.
Und dabei muss man die Karre noch gar nicht einmal kalt treten, um den Turbo zu schrotten. Chiptuning und das falsche Öl sind die Turbokiller Nummer ein. Danach kommt erst ein Fahrbedingte Ursache.
Im Prinzip ist der Turbo ein ganz einfaches Bauteil: Zwei Gehäuseschnecken und da drin eine Welle mit einer Turbine. Dennoch muss er erstaunliches leisten, den er wird angetrieben von einem mehrere 100°C Abgasstrom und muss pro Sekunde bis über 100l verdichtete Luft liefern. Das schaftt er nur mit höchsten Drehzahlen umd dei 150.000 Umdrehungen pro Minute. Der Drehahlanstieg ist dabei nicht linear - bereit beim zügigen Anfahren geht es auf über 100.000 Umdrehungen.
Dumm für den Turbo ist auch, das er kein aktiver Drehzahlbegrenzung hat. Die Laderdrehzahl wird nicht gemessen - man verläßt sich darauf, das er unter korrekten Bedingungen nicht überdrehen kann. Beim Chiptuning nutzt man genau das aus. Bei den VTG Ladern zwar etwas besser, aber im Prinzip das selbe.
Morgens halb sieben in Deutschland. Es ist Winter, um die Null Grad. Herr X steigt in seinen Turbodiesel, schnallt sich an und startet den Motor. Blinker raus und zügig anfahren, man will ja voran kommen - geschaltet wirde bei 2.500 Umdrehungen, was ja für den Diesel nicht so viel ist. Mann soll ja den Motor zügig warmfahren. Da das Fahrzeug nicht mehr das neueste ist, hat Herr X beim letzten Ölservice auf ein günstigeres Öl zurückgegriffen. Zudem bekam er in einem Forum den Tipp, bei einem älteren Motor ein Öl mit einer etwas höheren Kaltviskosität zu wählen.
Morgens halb sieben im Motorraum. Es ist Winter, alle Komponenten und das Öl ist kalt. Plötzlich - der Anlasser ertönt und reißt die Komponenten aus dem Schlaf. Durch den Krümmer kommt Abgastrom und trifft auf das eiskalte Turbinenrad. Langsam nur setzt sich der Öllkreislauf in Schwung - und das obwohl der Drucksensor schon längst Ok gemeldet hat, weil das Öl durch den Rückstau bereits den Druck erreicht hat. Im Lager des Turbos läßt man sich Zeit - macht nichts, der Lader dreht sich im Leerlauf eher gemächlich. Nur zwei Sekunden später - der Gastoß, das zügige Anfahren - dafür sind mindestens 30kw nötig. Die wollen erzeugt werden. Der Motor beginnt hochzudrehen, heißes Abgas schießt in den noch eiskalten Lader, dieser dreht hoch auf über 100.000km. Da überfordert den Schmierfilm des noch kalten Öls im noch kalten Lager. Der Schmierfilm reißt ab, bildet sich aber kurze Zeit später wieder. Es ist aber dieser kurze Abriss, der für einen Kontakt zwischen Welle und Lagerbuchse sorgt und somit kommt es zu Verschleiß. 100.000km merkt man nichts davon - und plötzlich macht der Lader zicken...
Wenn man also lange etwas vom Lader haben möchte, dann gibt es nicht viel zu beachten:
- kein Chiptuning
- das richtige Öl bis ins hohe Alter
- beim ersten Losfahren nach einem Kaltstart sehr verhalten losfahren. Egal ob 518d oder sixpack - man kann beide gemächlich anfahren und bei 1500 - spätestens 1800 Umdrehungen schalten. Wenig Gas geben - nur so das er losrollt und in Schwung kommt.
Wie gesagt, das betrifft nur das erste Anfahren. Ist man mal 300m gefahren, ist die Schoße im Schwung und der Turbo halbwegs warm - beim Turbo geht es schnell.
Was die Fahrweise angeht, viele denken, die Start-Stopp wäre nicht gut für diesen. Bei modernen Motoren ist diese genau dafür ausgelegt. Die wird erst ab bestimmten Faktoren aktiviert und auch wenn man Volllast gefahren ist, bis zum Stillstand, von den Bahn runter, entlang der Ausfahrt ect. diese Zeit reicht schon zum kühlen. Das was relativ schnell abkühlt - noch vor dem Stillstand, ist die abgasseitige Schnecke. Die kann schon einmal Rotglut erreichen - aber nur selten beim Diesel, eher beim Benziner. Beim Bremsen dreht der Motor, liefert also keinen Schub mehr. Das Abgas ist verhältnismäßig kühl und kühlt das abgasseitige Gehäuse schnell ab.
Wenn ein Fahrer mit hohem Tempo die Autobahn langheizt, dann mit hohem Speed die Abfahrt nimmt um dann an einer roten Ampel zum stehen zu kommen, dann sitzt das Problem eher hinter dem Steuer. Fünf Kilometer vor der Ausfahrt wird das Tempo reduziert, eben weil ich als wissender, vorausschauender Fahrer weiß, dass nach dem Abfahren es zu Situationen kommen kann, in denen ein sorgsames Auskühlen des Motors nicht möglich ist.
Ist der Motor zu heiß, wird er auch durch Start-Stop nicht abgestellt. Allerdings ist es in der Praxis schwierig das hinzubekommen - die Temperatur des Turbos sinkt im Schubbetrieb extrem schnell. Fahrzeuge mit Start-Stop haben andere Anlasser, die je nach Modell für die zehnfache Anzahl der Startzyklen ausgelegt sind.
Der Profifahrer unterscheidet sich vom Dilettanten darin, das er eine gewisse Voraussicht walten lässt und nicht heizt auf Teufel komm raus, streng nach dem Motto "das muss der Motor abkönnen". Ein Motor, der grobe Fehlbedienung abkann, können die meisten nicht bezahlen. Letztlich ist es der Fahrer, der entscheidet ob sein Motor ne weile ohne Probleme auskommt oder ein Stammgast in der Werkstatt wird. Der Turbo zeigt am ehesten, wie mit dem Motor umgegangen wurde.